HIER WOHNTE FRIDA LEDERMANN GEB. LINDAUER JG. 1887 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA

Allerheiligenstraße (früher Haus Nr. 32)

Name Nachname

Frida Ledermann kam am 30. April 1887 in Menzingen (heute Stadt Kraichtal, Landkreis Karlsruhe) als Frida Lindauer zur Welt. Sie heiratete jung ihren Gatten Felix Ledermann, der ebenfalls aus Menzingen stammte. Felix Ledermann kam vor 1908 nach Heilbronn, wo er zusammen mit seinem Vater Ferdinand Ledermann eine Eisenwarenhandlung führte, zuerst in der Deutschhofstraße, später im Haus Allerheiligenstraße 32. Felix Ledermann musste zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 einrücken; er starb im Juli 1918 in einem Feldlazarett in Frankreich. Er hinterließ zwei kleine Töchter; Lotte war 1912 geboren, Erna 1914. Frida Ledermann übernahm nun das Eisenwarengeschäft und erzog die beiden Töchter Lotte und Erna alleine. 1934 erhielt sie das „Ehrenkreuz für Witwen“ – „im Namen des Führers und Reichkanzlers“. Die Tochter Erna Ledermann wurde nach Abitur und Pädagogikstudium Lehrerin; sie emigrierte 1939 in die USA und starb dort 1963. Lotte heiratete 1930; ihr Ehemann war Christ, sie hatten drei Kinder. Lotte wurde dennoch kurz vor Kriegsende nach Theresienstadt deportiert und dort im Mai 1945 befreit. Sie starb 1994 in Stuttgart. Frida Ledermann lehnte es ab, zu emigrieren; sie glaubte als Kriegerwitwe vor Verfolgung geschützt zu sein. Aber seit 1938 wurde sie im Zuge der zunehmenden Verfolgung wie alle Juden zunächst zu Sonderzahlungen herangezogen, dann wurde ihr Haus zum „Judenhaus“; 1941 wurde Frida Ledermann enteignet und am 26. November 1941 zum Sammellager Killesberg in Stuttgart gebracht. Von hier aus wurde sie am 1. Dezember 1941 nach Riga deportiert und dort im Alter von 54 Jahren ermordet. Als Datum der Ermordung wurde im Jahr 1959 der 31. März 1942 festgelegt und den Erben eine Haftentschädigung von 900 DM zuerkannt.

HIER WOHNTE LINA ARNOLD JG. 1900 EINGEWIESEN HEILANSTALT WEINSBERG „VERLEGT“ 8.5.1940 GRAFENECK ERMORDET 8.5.1940 AKTION T4

Heilbronn-Böckingen, Strombergstraße 34 (früher Kurze Straße)

Name Nachname

Lina Arnold wurde am 2. August 1900 in Heilbronn-Böckingen geboren. Ihre gemütskranke Mutter Rosine Arnold geb. Zentler verstarb wenige Wochen nach der Geburt. Die halbverwaiste Lina wurde zunächst vom Vater und den väterlichen Großeltern aufgezogen. Nachdem der Vater, der wohl alkoholkrank war, straffällig wurde und die väterlichen Großeltern sich ebenfalls nur unzureichend um das Enkelkind kümmerten, wurde dem Vater 1903 durch das Königliche Landgericht Heilbronn das Sorgerecht entzogen und die Zwangserziehung von Lina Arnold angeordnet. Die Schwester der Mutter, Marie Schellenberger geb. Zentler, und ihr Ehemann Friedrich Schellenberger nahmen Lina Arnold daraufhin als Pflegekind in ihren Haushalt in der Kurzestr. 34, heute Strombergstr. 34, in Heilbronn-Böckingen auf. Gemeinsam mit ihrer vier Jahre jüngeren Cousine Marie wuchs sie in diesem Haushalt auf. Im Jahr 1916 kam noch der Cousin Otto hinzu. Nach einer laut Aktenlage unauffälligen Jugend arbeitete Lina Arnold zunächst sechs Jahre in einer Fabrik, dann abwechselnd immer wieder ein bis zwei Jahre als Hausangestellte und in der Fabrik. Dazwischen pausierte sie meist ein bis zwei Monate, da sie körperlich entkräftet gewesen sei. Ihre letzte Arbeitsstelle als Dienstmädchen in einem Privathaushalt in Freiburg gab sie nach kürzerer Dauer wohl am 27. Dezember 1929 auf. Nach ihren eigenen Angaben, „da sie gedankenlos geworden sei und viel müde und da sich der Hausherr ihr habe nähern wollen.“ Lina Arnold lebte dann wieder im Haus ihrer Pflegefamilie und wurde zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wegen ihrer fortschreitenden psychischen Erkrankung entmündigt. Als Pfleger wurde Johann Baudermann ernannt, der mit der ältesten Tochter der Familie Marie Baudermann geb. Schellenberger verheiratet war und im gleichen Haus wohnte. Solange es möglich war, lebte Lina Arnold im Haus der Pflege-Großfamilie. Am 7. April 1932, nachdem sie die Wochen zuvor nahezu ausschließlich verängstigt und verzweifelt im Bett verbracht hatte, wurde Lina Arnold wegen „Selbstmordgefahr“ in die Heilanstalt Weinsberg eingeliefert und dort als „schizophren“ diagnostiziert. Am 14. April 1932 wurde ihr ein Invalidenzeugnis wegen dauerhafter Invalidität ausgestellt. Bei diesem ersten Aufenthalt verbesserte sich ihr Gesundheitszustand nicht, sie blieb verängstigt, weinte viel, berichtete von übel nachredenden Nachbarsleuten, die ihr den Hals abschneiden wollten. In ihrer Verzweiflung schrieb sie laut der Patientenakte hilferufende Briefe an Familie und Gericht. Am 16. Dezember 1932 holte sie die Familie daher wieder nach Hause. Nachdem sie 1933 wegen einer angeblichen Anstellungsmöglichkeit ohne Kenntnis der Familie nach Calw reiste, wurde sie dort in wohl hilflosem Zustand aufgegriffen („irrte dort pausenlos herum“) und wieder in die Heilanstalt Weinsberg eingeliefert. Dort verbrachte sie ab dem 27. April 1933 ihr restliches Leben. Die meiste Zeit war sie antriebslos, arbeitete wenig bis gar nicht und war oft trübsinnig. Sie litt offenbar unter Verfolgungswahn und der Angst, dass sie vergiftet würde oder ihr sonst wie Schlimmes angetan würde. Ihr Zustand war ausweislich der Patientenakte wechselhaft und sie unternahm mehrere Fluchtversuche. Am 8. Mai 1940 wurde sie als „ungeheilt entlassen“ und mit dem Transport Nummer 22 in eine andere Anstalt, nämlich nach Grafeneck, verlegt. Der familieninternen Überlieferung nach berichtete sie ihrem Pfleger bei dessen letztem Besuch, dass es bereits einen Transport nach Grafeneck zur Ermordung gegeben habe und sie für den nächsten vorgesehen sei. Offenbar war ihr daher am 8. Mai 1940 bekannt, dass sie ihre letzte Reise antreten würde. Am selben Tag wurde sie in Grafeneck liquidiert. Das Todesdatum wurde offiziell auf den 27. Juni 1940 festgelegt; die angebliche Einäscherung erfolgte am 29. Juni 1940, an dessen 76. Jahrestag 2016 der Stolperstein für Lina Arnold verlegt wurde.

HIER WOHNTE ELSA SCHEUFLER JG. 1915 „EINGEWIESEN“ 30.11.1942 HEILANSTALT ZWIEFALTEN ERMORDET 10.10.1943

Große Bahngasse (früher Große Nägelinsgasse 9)

Name Nachname

Elsa Christine Scheufler wurde am 26. April 1915 als drittes Kind der Eheleute Jakob Friedrich Scheufler und Marie Sofie geb. Hörger geboren. Sie hatte zwei ältere Schwestern und einen jüngeren Bruder. Die Familie lebte in der Nägelinsgasse 9 in der Heilbronner Altstadt. Elsa Scheufler war ein gesundes Kind, bis sie im Alter von zwölf Jahren in eine Kellerluke stürzte. Danach litt sie an epileptischen Anfällen, weswegen sie auch in Behandlung war. Im Alter von 15 Jahren wurde Elsa Scheufler schwanger. Mit 16 ½ Jahren brachte sie am 30. Oktober 1931 ihre Tochter Marta Ida zur Welt. Während der Schwangerschaft wollte der Kindsvater Elsa Scheufler heiraten, aber Elsas Vater stimmte wegen ihrer Epilepsie nicht zu; Elsa Scheufler blieb deshalb mit ihrer Tochter Marta bei ihren Eltern. Zwei Jahre nach dem Tod von Elsa Scheuflers Mutter am 5. Mai 1935 wurde ihre kleine Tochter Marta vom städtischen Jugendamt Heilbronn in das Kinderheim in Waldenburg gebracht, wo das Kind gut untergebracht war. Doch Mutter und Kind vermissten einander sehr. Am 23. Januar 1942 fiel Elsa Scheuflers jüngerer Bruder Wilhelm an der Ostfront; ihr Vater Jakob Scheufler starb am 8. September 1942. Nun wurde die Lage von Elsa Scheufler noch schwieriger; sie wurde vom städtischen Wohlfahrtsamt am 30. November 1942 in die Heil- und Pflegeanstalten Zwiefalten eingewiesen. Im Aufnahmeprotokoll in Zwiefalten wurden ihre Gesichtszüge als „germanisch“ beschrieben; bei der Einlieferung wog sie nur 43,5 Kilogramm. Elsa Scheufler wurde, obwohl sie täglich in der Näherei arbeitete, lediglich Verpflegungsklasse III zugebilligt, die niedrigste Stufe. Während ihrer Zeit in Zwiefalten vermisste Elsa Scheufler ihre Tochter Marta, wie ihr letzter Brief beweist. Sie wünschte sich sehnsüchtig ein Bild von ihr. Dies wollte die Schwester von Elsa in Heilbronn beim Fotografen anfertigen lassen, was dieser jedoch für diesen Zweck verwehrte. In der Krankenakte von Elsa Christine Scheufler, die heute noch in der Nachfolgeeinrichtung der Heil- und Pflegeanstalten Zwiefalten aufbewahrt wird, ist dokumentiert, dass Elsa am 9. Oktober 1943 während einer Untersuchung äußerte, sie könne und wolle nicht mehr in der Näherei arbeiten – wohl bedingt durch die schlechte Ernährung. Daraufhin wurde sie laut Akte in die Abteilung „E“ verlegt; von der Existenz dieser Abteilung ist nichts bekannt. Am Abend des nächsten Tages, dem 10. Oktober 1943, starb Elsa Christine Scheufler, angeblich an einer „Lungenentzündung“; von dieser Krankheit war noch im Untersuchungsbericht vom Vortag nichts erwähnt. „Lungenentzündung“ wurde in Zwiefalten häufig zur Verschleierung der Morde mit einer Todesspritze benutzt.

HIER WOHNTE HERMANN EISIG JG. 1888 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA HIER WOHNTE MELITTA EISIG GEB. VOGEL JG. 1895 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA HIER WOHNTE HANS EDUARD EISIG JG. 1923 DEPORTIERT 1943 ERMORDET IN AUSCHWITZ

Moltkestraße 16

Name Nachname

Hermann Eisig wurde am 23. Dezember 1888 in Heilbronn als Sohn von Eduard und Helene Eisig geboren. Sein Ehefrau Melitta, geborene Vogel, kam am 26. Oktober 1895 in Tauberbischofsheim zur Welt. Hermann Eisig übernahm nach dem Tod seines Vaters gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm die Firma „Eisig & Marx, Gewürze- und Gedärmeimport“ in der Bergstraße 7; die Firma hatte auch eine Niederlassung in Stuttgart. Die Familie lebte in der Uhlandstraße 7, wo sie den ersten Stock – die „Belle-Étage“ – bewohnte; vor 1936 zog sie in die Moltkestraße 16 um. 1939 wurde die Firma der Familie „arisiert“, woraufhin Wilhelm Eisig mit seiner Frau Selma zuerst nach England und später nach New York auswanderte. Im selben Jahr begannen die Bemühungen der Familie, dem 16-jährigen Sohn Hans-Eduard die Ausreise nach England zu ermöglichen. Hans-Eduard schrieb in diesem Zusammenhang in seinem Lebenslauf: „Mit sechs Jahren kam ich in die hiesige Grundschule, die ich bis zum Ende der 4. Klasse besuchte; von da an kam ich in die Oberrealschule, jetzt Robert-Mayer-Oberschule genannt. Ostern 1939 bekomme ich die Mittlere Reife. Alsdann möchte ich mich für einen Beruf vorbereiten. An fremden Sprachen lerne ich seit fünf Jahren Französisch, seit drei Jahren Latein; in Englisch habe ich seit eineinhalb Jahren Privatstunden. Ich spiele seit viereinhalb Jahren Violine und habe schon wiederholt bei Konzerten des hiesigen Kulturbundorchesters mitgewirkt. Ich möchte gerne einen technischen Beruf, wie Elektrotechnik, Radiofabrikation, Motorenbau (…) erlernen. Falls sich in den aufgeführten Berufen nichts für mich finden sollte, hätte ich auch Freude an der Erlernung der Fotografie (…). Es ist mein Wunsch, nach England kommen zu dürfen und mich im Lande selbst in der Sprache zu vervollkommnen und mich zu einem tüchtigen Menschen heranzubilden.“ Das „Movement for the Care of Children from Germany“, das israelitische Fürsorgeamt Stuttgart und der Bund israelitischer Wohlfahrtsvereinigungen versuchten ihr Möglichstes, Hans-Eduard eine Zukunft in England aufzubauen. Er hatte bereits eine Stelle in England bei der Firma „Walton & Brown Limited“ als Auszubildender, konnte diese jedoch aus Geldmangel nicht antreten. Er hielt sich zu dieser Zeit bei seiner Großmutter Helene Eisig in Stuttgart auf. Später wurde er nach Berlin-Charlottenburg geschickt; am 8. November 1943 wurde er schließlich nach Auschwitz deportiert und am selben Tag ermordet. Das Ehepaar Melitta und Hermann musste 1939 in das Judenhaus in der Badstraße 22 umziehen. 1940 nahm Hermann an einem Arbeitseinsatz teil, wo er zur Straßenarbeit gezwungen wurde aufgrund der „Verordnung über die Beschäftigung der Juden“. Ende 1940 übernahm er die Arbeit von Julius Kirchhausen, der nach Baltimore auswanderte. Sie bestand darin, Juden aus dem württembergischen Unterland und der badischen Nachbarschaft notwendige Auswanderungspapiere zu besorgen und bei Auswanderung zu helfen. Am 21. November 1941 erhielt das Ehepaar Eisig die folgende Nachricht: „Gemäß der Weisung der Geheimen Staatspolizei Stuttgart, haben sich nachstehende Personen ab dem 26. dieses Monats zur Evakuierung nach dem Osten bereit zu halten“. Am angekündigten Tag erfolgte die Deportation nach Riga, wo das Ehepaar Eisig am 1. Dezember 1941 getötet wurde.

HIER WOHNTE MAX STERN JG. 1867 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT ERMORDET 5.9.1942 HIER WOHNTE META STERN GEB. GUNZENHAUSEN JG. 1878 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT ERMORDET 8.9.1942 HIER WOHNTE HERMANN STERN JG. 1910 DEPORTIERT 1943 ERMORDET IN AUSCHWITZ HIER WOHNTE SIEGFRIED STEIGERWALD JG. 1881 DEPORTIERT 1941 LODZ / LITZMANNSTADT ERMORDET 27.2.1942 HIER WOHNTE NANNY STEIGERWALD GEB. HEILBRONNER JG. 1898 DEPORTIERT 1941 LODZ / LITZMANNSTADT ERMORDET 5.4.1942

Moltkestraße 23

Name Nachname

Max Stern wurde am 29. April 1867 in Heilbronn geboren. Seine Eltern waren Samuel Simon und Wilhelmine Stern geb. Kirchheimer. Er war der dritte von vier Söhnen: Der erstgeborene Louis Stern starb schon ein halbes Jahr nach seiner Geburt 1862; Moritz Stern, geboren 1864, starb 1933 in Heilbronn; der dritte Bruder Richard, geboren 1871, war „durch allgemeine Körperschwäche“ behindert – er starb am 5. September 1942 in Theresienstadt. Max Stern heiratete Meta Gunzenhausen, geboren am 21. Januar 1878 in Mergentheim. Sie hatten zwei Söhne, Siegfried, geboren am 24. Oktober 1907, und Hermann, geboren am 30. August 1910. Max Stern war Kaufmann und besaß eine Getreide- und Futtermittelgroßhandlung in der Moltkestraße. Schon sein Vater hatte eine Getreidehandlung betrieben, allerdings in der Bergstraße. Zwischen 1936 und 1938 musste das Ehepaar Stern von ihrer Wohnung im Erdgeschoss der Moltkestraße 23 in das „Judenhaus“ in der Braunauer Straße 12 (heute Rollwagstraße) umziehen. Ein weiterer Umzug fand in das Judenhaus in der Badstraße 10 statt, wo Max und Meta Stern bis zum 27. März 1942 wohnten. Zu diesem Datum wurden sie nach Haigerloch umgesiedelt. Von dort aus erfolgte die Deportation nach Theresienstadt. Hier fanden Meta Stern am 8. Mai 1942 und Max Stern am 5. September 1942 den Tod. Auch der Sohn Hermann Stern wurde zuerst in das Judenhaus in der Braunauer Straße umgesiedelt; ab März 1942 musste er Zwangsarbeit beim sogenannten „Pillgram Holzkommando“ in Jakobsdorf bei Berlin leisten, bevor er nach Auschwitz deportiert und am 19. April 1943 ermordet wurde. Über das Schicksal des zweiten Sohns Siegfried konnte nichts ermittelt werden. Siegfried Steigerwald wurde am 11. September 1881 als Sohn von Louis und Karoline Steigerwald geb. Löwengardt in Heilbronn geboren. Er hatte fünf Geschwister, wobei sein ältester Bruder Jacob aus der ersten Ehe des Vaters stammte – die erste Ehefrau Sarah geb. Rosenthal verstarb bereits mit 30 Jahren. Die Geschwister Steigerwald – Oskar, Julius, Rosel (verheiratete Ucko) und Emma (verheiratete Oppenheimer) – wuchsen zusammen mit Siegfried Steigerwald im Haus der Firma in der Kurze Straße 1 auf. Siegfried Steigerwald heiratete Nanny Heilbronner (geboren am 7. März 1898 in Heilbronn). Das Ehepaar hatte zwei Töchter: Edith (geboren am 2. April 1922) und Suse (geboren am 30. Januar 1921). Die Familie zog Anfang der 1920er Jahre in die Moltkestr. 23. Siegfried Steigerwald erbte zusammen mit seinen Brüdern Julius und Oskar die Likörfabrik „Steigerwald AG“, die von Louis Steigerwald im Jahr 1869 gegründet worden war. Seit 1936 wurde die Firma schrittweise „arisiert“, Ende des Jahres 1937 übertrugen Siegfried Steigerwald und seine Brüder unter Druck ihren Aktienanteil an eine Heilbronner Bank. Nach der Arisierung hieß die Firma „Lucca“. Nach dem Verlust der Firma und wohl auch in Folge davon zog das Ehepaar Steigerwald im August 1938 mit ihrer jüngeren Tochter Suse nach Berlin. Die Tochter Edith war bereits am 12. Januar 1937 nach England emigriert und hatte dort einen Engländer geheiratet; das Ehepaar Hatfield bekam vier Kinder. Im April 1940 emigrierte auch Suse Steigerwald, nach ihrer Heirat mit einem Berliner verheiratete Aufrecht; sie bekamen zwei Kinder. Siegfried und Nanny Steigerwald blieben in Berlin zurück; sie wurden am 24. Oktober 1941 nach Lodz / Litzmannstadt deportiert. Dort wurden Siegfried am 27. Februar und Nanny am 5. April 1942 ermordet.

HIER WOHNTE JOHANNA ADLER GEB. WEIL JG. 1871 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT 1944 AUSCHWITZ ERMORDET HIER WOHNTE ROBERT ADLER JG. 1895 FLUCHT 1939 USA

Rollwagstraße 12 (früher Innere Rosenbergstraße)

Name Nachname

Johanna Adler geb. Weil wurde am 4. Juni 1871 in Schwäbisch Hall geboren. Sie heiratete Ludwig Alder (geboren am 23. Dezember 1860 in Obergimpern) und zog mit diesem in Heilbronn in die innere Rosenbergstraße 12. Dort verfügten sie über ein mehr als 19 Ar umfassendes Grundstück, auf welchem das Geschäft der Familie stand – sie besaßen einen „Wildhäuteimport“ und handelten mit Häuten, Fellen und Leder. Das Geschäft umfasste ein Wohnhaus, ein Magazin, eine Kraftwagenhalle und einen Hofraum. Ludwig und Johanna Adler hatten drei Kinder. Robert (geboren am 19. Mai 1895), Nelli (geboren am 10. Februar 1893) und Alice (geboren am 16. Oktober 1896). Ludwig Adler verstarb am 5. Juli 1930 in Heilbronn. Der Sohn Robert Adler übernahm daraufhin das väterliche Geschäft und führte es bis zu seiner Schließung am 31. Juli 1938; die Firma wurde nicht „arisiert“. Ein knappes Jahr später, am 12. August 1939, emigrierte Robert in die USA. Seine Schwester Nelli heiratete Hugo Richheimer und zog nach Stuttgart. Alice heiratete Arnold Lion aus Ettenheim und emigrierte 1935 nach Palästina. Johanna Adler musste am 29. September 1941 in die Badstr. 10 umziehen; ihr Haus in der inzwischen in Braunauer Straße umbenannten Inneren Rosenbergstraße wurde zu einem der sogenannten „Judenhäuser“ und schließlich von einem NSDAP-Funktionär namens Fritz Harzer gekauft. Am 23. März 1942 wurde Johanna Adler über Haigerloch nach Theresienstadt deportiert. Am 16. Mai 1944 wurde sie in Auschwitz ermordet.

HIER WOHNTE THERESE BÖHM GEB. SOLINGER JG. 1877 DEPORTIERT 1942 IZBICA ZWANGSARBEIT OSSOWA ERMORDET 15.9.1942

Sichererstraße 9 (früher Sichererstraße 11)

Name Nachname

Therese Böhm wurde in Goldbach bei Aschaffenburg geboren. Ab 1905 ist sie als Besitzerin des Hauses in der Sülmerstraße 59 eingetragen, ihr Mann Eduard war im Jahr 1900 nach Heilbronn gezogen. In der Sülmerstraße befand sich seit dem Jahr 1905 auch das Kleidergeschäft „Süßkinds Kleidermagazin“, welches wohl eine Filiale eines Stuttgarter Herrenausstatter-Geschäfts von Alfred Süßkind war. Ab dem Jahr 1914 wohnte das Ehepaar in der Sichererstraße 11, ihr letzter freiwillig gewählter Wohnsitz. Im Jahr der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 starb Eduard Böhm, zwei Jahre später wurde der Laden in der Sülmerstraße „arisiert“ und von Wilhelm Marquart übernommen. Therese Böhms Eintrag in der Lohnsteuerkartei lässt sich entnehmen, dass sie am 24. April 1942 „nach dem Osten verschickt“ wurde, eine euphemistische Umschreibung der Deportation. Wie alle anderen Juden musste sie vorher wertvolle Besitztümer wie Pelze, Wollwaren und elektrische Geräte unentgeltlich abgeben. Zwei Tage später, am 26. April 1942, wurde sie von Stuttgart aus ins Ghetto Izbica in Polen deportiert. Im Spätherbst 1942 begann die Auflösung des Ghettos und die meisten Juden wurden in die Vernichtungslager gebracht; Therese Böhm wurde jedoch bereits kurz vorher in das Zwangsarbeiterlager Ossowa verlegt, welches ca. 15 km vom Vernichtungslager Sobibor entfernt war. Dort starb sie am 15. September 1942.

HIER WOHNTE ARTHUR KIRCHHEIMER JG. 1890 „SCHUTZHAFT“ 1938 DACHAU DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA HIER WOHNTE FLORA ROSA KIRCHHEIMER GEB. STEIN JG. 1892 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA HIER WOHNTE ERICH KIRCHHEIMER JG. 1920 FLUCHT 1939 USA

Heilbronn-Sontheim, Hofwiesenstraße 25

Name Nachname

Arthur Kirchheimer wurde am 11. Dezember 1890 in Berwangen (heute ein Ortsteil von Kirchardt), geboren. Kirchheimer war während des Ersten Weltkriegs Soldat und trug eine 30-prozentige Kriegsbeschädigung davon. Noch in Berwangen heiratete er seine Frau Rosa (auch Flora genannt), geb. Stein, die am 27. September 1892 in Freudental auf die Welt gekommen war. Berwangen ist zu der Zeit - wie Freudental - ein Ort mit vielen jüdischen Mitbürgerinnen, die das Gemeindeleben in den Orten deutlich mitprägen. In Berwangen wird auch ihr einziger Sohn Erich am 24. Dezember 1920 geboren. Spätestens 1925 findet sich die junge Familie in Heilbronn – zuerst in der Sontheimer Str. 48, 1931 dann in der erst kurz zuvor neu angelegten Solothurner Straße, im Haus Nummer 23, an der Kreuzung zur Südstraße. Im Heilbronner Adressbuch desselben Jahres wird unter dem Namen von Arthur Kirchheimer auch eine „jüdische“ Firma für Manufakturwaren genannt – Textilwaren, die nach Wunsch des Käufers abgemessen und -geschnitten sind. Im Jahr 1934 wohnt das Ehepaar Kirchheimer Solothurner Str. 7, ist jedoch wohl schon bald darauf nach Sontheim gezogen. Für das Jahr 1936 ist deshalb keine Adresse im Heilbronner Adressbuch genannt; für Sontheim gibt es erst nach der Eingemeindung 1938 entsprechende Unterlagen. In diesem Jahr ist dann der Name des Ehepaars Kirchheimer in der Hofwiesenstr. 25 in Sontheim zu finden. Zwei Tage nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 findet sich Arthur Kirchheimer in einem besonders bedrückenden Ort in Haft: Dachau, Konzentrationslager. Einen Monat lang, bis 12. Dezember 1938 muss er dort ausharren. Seit dem 21. November 1938 wohnt seine Frau bereits in der Raiffeisenstr. 31, dem sogenannten Asyl, ein jüdisches Altenheim, und ihr Mann folgt ihr nach seiner Entlassung aus Dachau dorthin. Der frühere Kaufmann betätigte sich dort als Hausmeister. Fünf Monate später, am 19. April 1939, gelingt ihrem Sohn Erich Kirchheimer noch kurz vor Kriegsausbruch die Ausreise in die USA. Er ist zu diesem Zeitpunkt gerade 18 Jahre alt. Sohn und Eltern werden sich nicht wiedersehen. Ab 25. November 1940 müssen die Eheleute in das sogenannte „Judenhaus“ in die Frankfurter Str. 46 ziehen. Fast genau ein Jahr später ist für den 26. November 1941 ihr Wegzug „nach dem Osten“ überliefert. Wie viele andere jüdische Mitbürger vor ihnen wurden sie zunächst nach Stuttgart gebracht, Nordbahnhof. Dort werden die Züge zu den Vernichtungslagern zusammengestellt. Am 1. Dezember 1941 kommen die Eheleute Kirchheimer in Riga-Jungfernhof an, einem Außenlager des Ghettos Riga. 1941 werden die Menschen dort in der Regel von Erschießungskommandos ermordet. Ein genaues Todesdatum für Arthur und Rosa Kirchheimer ist nicht bekannt.