Ludwig Essinger kam am 9. Januar 1881 in Heilbronn zur Welt. Sein Vater Isidor führte hier seit 1874 ein Aussteuer- und Wäschegeschäft. Ludwig besuchte ab 1889 das Karlsgymnasium und legte zehn Jahre später die Reifeprüfung ab. Ab dem Sommersemester 1902 studierte er in München Medizin.
Mitte 1908 ließ sich der promovierte Mediziner in der damaligen Frankenbacher Straße 21 in Böckingen nieder; hier wirkte der beliebte Arzt knapp 30 Jahre, nur unterbrochen durch den Kriegsdienst als Stabsarzt während des Ersten Weltkriegs. Essinger war sozial eingestellt und erließ manch armen Patienten das Honorar. Er blieb ledig; spätestens seit 1920 lebte seine verwitwete Mutter Berta mit im Haushalt, der mehr als 30 Jahre lang von der Christin Friederike Burkhardt versorgt wurde. Sie fungierte auch als Arzthelferin und blieb bis 1942 bei Ludwig Essinger.
Bereits am 22. April 1933 verloren die jüdischen Ärzte ihre Zulassung als Kassenarzt. Im September 1938 wurde den jüdischen Ärzten grundsätzlich die Approbation entzogen, sie mussten sich „Krankenbehandler“ nennen und durften nur noch jüdische Patienten behandeln. Wenige Wochen später überfiel ein Trupp junger Nazis zweimal Essingers Wohnung in Böckingen. Er übernahm daraufhin in der Roßkampffstraße in Heilbronn die Praxis eines ausgewanderten jüdischen Arztes. Nach einer kurzen Zeit in einem „Judenhaus“ in der Bergstraße musste Essinger in Sontheim die Betreuung der Bewohner des Hauses Picard übernehmen: Es diente als Ersatz für das jüdische Altersheim in Sontheim und als Sammelstelle für die geplanten Deportationen. Angesichts seiner eigenen Deportation nahm sich Dr. Ludwig Essinger am 5. April 1942 das Leben; er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Sontheim in einem anonymen Grab beigesetzt.