Lina Arnold

HIER WOHNTE LINA ARNOLD JG. 1900 EINGEWIESEN HEILANSTALT WEINSBERG „VERLEGT“ 8.5.1940 GRAFENECK ERMORDET 8.5.1940 AKTION T4

Lina Arnold wurde am 2. August 1900 in Heilbronn-Böckingen geboren. Ihre gemütskranke Mutter Rosine Arnold geb. Zentler verstarb wenige Wochen nach der Geburt. Die halbverwaiste Lina wurde zunächst vom Vater und den väterlichen Großeltern aufgezogen.

Nachdem der Vater, der wohl alkoholkrank war, straffällig wurde und die väterlichen Großeltern sich ebenfalls nur unzureichend um das Enkelkind kümmerten, wurde dem Vater 1903 durch das Königliche Landgericht Heilbronn das Sorgerecht entzogen und die Zwangserziehung von Lina Arnold angeordnet.

Die Schwester der Mutter, Marie Schellenberger geb. Zentler, und ihr Ehemann Friedrich Schellenberger nahmen Lina Arnold daraufhin als Pflegekind in ihren Haushalt in der Kurzestr. 34, heute Strombergstr. 34, in Heilbronn-Böckingen auf. Gemeinsam mit ihrer vier Jahre jüngeren Cousine Marie wuchs sie in diesem Haushalt auf. Im Jahr 1916 kam noch der Cousin Otto hinzu.

Nach einer laut Aktenlage unauffälligen Jugend arbeitete Lina Arnold zunächst sechs Jahre in einer Fabrik, dann abwechselnd immer wieder ein bis zwei Jahre als Hausangestellte und in der Fabrik. Dazwischen pausierte sie meist ein bis zwei Monate, da sie körperlich entkräftet gewesen sei. Ihre letzte Arbeitsstelle als Dienstmädchen in einem Privathaushalt in Freiburg gab sie nach kürzerer Dauer wohl am 27. Dezember 1929 auf. Nach ihren eigenen Angaben, „da sie gedankenlos geworden sei und viel müde und da sich der Hausherr ihr habe nähern wollen.“

Lina Arnold lebte dann wieder im Haus ihrer Pflegefamilie und wurde zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wegen ihrer fortschreitenden psychischen Erkrankung entmündigt. Als Pfleger wurde Johann Baudermann ernannt, der mit der ältesten Tochter der Familie Marie Baudermann geb. Schellenberger verheiratet war und im gleichen Haus wohnte. Solange es möglich war, lebte Lina Arnold im Haus der Pflege-Großfamilie. Am 7. April 1932, nachdem sie die Wochen zuvor nahezu ausschließlich verängstigt und verzweifelt im Bett verbracht hatte, wurde Lina Arnold wegen „Selbstmordgefahr“ in die Heilanstalt Weinsberg eingeliefert und dort als „schizophren“ diagnostiziert. Am 14. April 1932 wurde ihr ein Invalidenzeugnis wegen dauerhafter Invalidität ausgestellt. Bei diesem ersten Aufenthalt verbesserte sich ihr Gesundheitszustand nicht, sie blieb verängstigt, weinte viel, berichtete von übel nachredenden Nachbarsleuten, die ihr den Hals abschneiden wollten. In ihrer Verzweiflung schrieb sie laut der Patientenakte hilferufende Briefe an Familie und Gericht. Am 16. Dezember 1932 holte sie die Familie daher wieder nach Hause.

Nachdem sie 1933 wegen einer angeblichen Anstellungsmöglichkeit ohne Kenntnis der Familie nach Calw reiste, wurde sie dort in wohl hilflosem Zustand aufgegriffen („irrte dort pausenlos herum“) und wieder in die Heilanstalt Weinsberg eingeliefert. Dort verbrachte sie ab dem 27. April 1933 ihr restliches Leben. Die meiste Zeit war sie antriebslos, arbeitete wenig bis gar nicht und war oft trübsinnig. Sie litt offenbar unter Verfolgungswahn und der Angst, dass sie vergiftet würde oder ihr sonst wie Schlimmes angetan würde. Ihr Zustand war ausweislich der Patientenakte wechselhaft und sie unternahm mehrere Fluchtversuche. Am 8. Mai 1940 wurde sie als „ungeheilt entlassen“ und mit dem Transport Nummer 22 in eine andere Anstalt, nämlich nach Grafeneck, verlegt.

Der familieninternen Überlieferung nach berichtete sie ihrem Pfleger bei dessen letztem Besuch, dass es bereits einen Transport nach Grafeneck zur Ermordung gegeben habe und sie für den nächsten vorgesehen sei. Offenbar war ihr daher am 8. Mai 1940 bekannt, dass sie ihre letzte Reise antreten würde. Am selben Tag wurde sie in Grafeneck liquidiert.

Das Todesdatum wurde offiziell auf den 27. Juni 1940 festgelegt; die angebliche Einäscherung erfolgte am 29. Juni 1940, an dessen 76. Jahrestag 2016 der Stolperstein für Lina Arnold verlegt wurde.

Lage der Stolpersteine