Simon Mandellaub, von Beruf Kaufmann, ist am 18. Januar 1884 in Kolomea / Polen geboren. Die galizische Stadt Kolomea, gelegen in der heutigen West-Ukraine, war seit dem 14. Jahrhundert ein Teil Polens, gehörte dann vom 18. Jahrhundert an bis 1918 zur Habsburger Monarchie und war später wiederum polnisch.
Simon Mandellaub lebte seit 1901 in Heilbronn, seine Ehefrau Adele, geb. 10. August 1893, seit etwa 1912. Beide waren damals österreichische Untertanen; Simon Mandellaub soll während des Ersten Weltkriegs im österreichischen Heer gedient haben – diese Angaben machte Gisela Katz geb. Mandellaub in einer eidesstattlichen Versicherung in Israel im Jahr 1953. Nach 1918 bekam die ganze Familie die polnische Staatsangehörigkeit.
Die polnische Regierung erließ im März 1938 ein Gesetz, wonach im Ausland lebende polnische Bürger die Staatsangehörigkeit verloren, wenn sie nicht bis 30. Oktober 1938 nach Polen zurückgekehrt seien. Das gab der NSDAP Veranlassung, im Rahmen der sogenannten „Polen-Aktion“ am 27. und 28. Oktober 1938 50.000 in Deutschland lebende Polen (darunter viele tausend Juden) nach Polen zu deportieren. Es gelang der abgeschobenen Familie Mandellaub, nach Kolomea zurückzukehren, dem Ort, an dem Simon und seine Frau Adele geboren waren, ebenso auch Tochter Gisela und Sohn Markus.
Die ersten Deportationen der sogenannten „Polen-Aktion“ hatten den jungen Juden Herschel Grünspan dazu veranlasst, in Paris den deutschen Legationsrat vom Rath zu erschießen; er sagte später aus, dass seine Eltern als Ostjuden abgeschoben worden seien – damit steht die „Polen-Aktion“ am Beginn der grauenhaften Ereignisse des Novemberpogroms vom 9. und 10. November 1938.
Simon Mandellaub war zeitweilig Inhaber von drei Schuh-Einzelhandelsgeschäften in Heilbronn. Das Hauptgeschäft befand sich in der Sülmerstraße 105, es verfügte über zwei Schaufenster, ein Büro und ein umfangreiches Warenlager. Es sollen dort drei Verkäuferinnen und eine Sekretärin beschäftigt gewesen sein. Ein zweites Schuhgeschäft lag in der Kirchbrunnenstraße 12; Simon Mandellaub und seine Frau Adele waren Eigentümer dieses Hauses, das sie nach 1933 gezwungener Maßen an einen „Arier“ verkaufen mussten.
Ein weiteres Geschäft in der Klingenberger Straße in Böckingen hatte Simon Mandellaub nach Aussage seiner Tochter Gisela schon im Jahr 1932 oder 1933 verkauft.
Das Ehepaar Simon und Adele Mandellaub wohnte zuerst in der Turmstraße 14, ab 1931 zusammen mit den vier Kindern Gisela, Silvia, Markus und Eugen in einer großzügigen 6-Zimmer-Wohnung in der Gartenstraße 32. 1936 zog die Familie in eine ebenfalls bürgerlich eingerichtete Wohnung in der Sichererstraße 9; es habe sich dort auch ein Klavier befunden.
Im März 1938 ist es den drei älteren Kindern Gisela, Markus und Eugen gelungen, nach Palästina auszuwandern; ein halbes Jahr später wurden Simon und Adele Mandellaub mit der damals neun Jahre alten Tochter Silvia im Zuge der „Polen-Aktion“ am 28. Oktober 1938 abgeschoben. Ihren gesamten Besitz (einschließlich der Wohnungseinrichtung und des Warenlagers in der Sülmerstraße) mussten sie zurücklassen. Die Abschiebung erfolgte über Bentschen (Zbaszyn); offenbar gelang es der Familie aber, an den früheren Wohnort Kolomea zurückzukehren. Eine Heilbronner Bekannte gab an, sie habe Frau Mandellaub drei Monate nach der Abschiebung wieder in Heilbronn getroffen, diese habe sich um ihre Möbel kümmern wollen, die untergestellt sein sollten. Nach den Angaben in den Rückerstattungsakten im Staatsarchiv Ludwigsburg ließen sich die untergestellten Möbel jedoch nicht mehr finden.
Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im August 1941 wurde in Kolomea ein Ghetto errichtet, in dem zeitweilig 18.000 Juden lebten; 16.000 von ihnen wurden in das Vernichtungslager Belzec deportiert. Hier verliert sich die Spur von Adele und Simon Mandellaub und ihrer nun 12-jährigen Tochter Silvia; ein exaktes Todesdatum ist nicht bekannt, amtlicherseits wurde der 31. Oktober 1941 festgelegt.
Die drei älteren Kinder von Adele und Simon Mandellaub lebten nach ihrer Einwanderung in Palästina: Gisela hieß nach ihrer Heirat Katz, Max Markus Mandellaub nannte sich später Mordechai Markus Schkedi und aus Eugen Mandellaub wurde Izchak Schkedi. Beide Söhne lebten in einem Kibbuz und waren beteiligt am Aufbau mehrerer Kibbuzim. 2011 war ein Sohn von Eugen Schkedi / Mandellaub mit seiner Familie zu Besuch in Heilbronn.